kunsthochschule weißensee berlin
MA Studiengang Raumstrategien
MA „Spatial Strategies“
Wintersemester 2018-19
Praxisseminar mit Martin Kaltwasser, Bildender Künstler
Lehrauftrag im Rahmen der Gastprofessur von Daniela Brahm und Elisa T. Bertuzzo
Shrinking City Berlin
Die praktizierte Utopie der Möglichkeitsräume
Berlin wächst. Quantitativ. An Einwohnerzahl, Verkehrsaufkommen, umbautem Raum. Dabei schrumpfen eklatant Berlins vormalige stadträumlichen Qualitäten vielfältigster Nutzungen und Aneignungsformen öffentlichen Raumes, Freiflächen, undefinierte offene Areale, pluralistische Nutzungspotentiale für alle. Sie weichen monofunktionalen Konsum-, Verkehrs-, Gewerbe- und Wohnräumen, einem stumpfen Masterplan, dem Dogma einer reaktionären baulichen Formensprache folgend. Hervorstechend dabei: Alexanderplatz, Berliner HBF-Viertel, das Umfeld des Velodroms. Surreale Orte, verrohte Räume, als gefährlich wahrgenommene urbane Plätze. Oder machen diese vielleicht gerade Urbanität aus?
Wir gehen hin und arbeiten dort vor Ort. Es geht in diesem Praxisseminar darum, innerhalb einer kritischen Auseinandersetzung mit Raumregimen und überkommenen Raumnutzungen direkt auf vorgefundene Außenräume einzuwirken, sie spontan oder geplant umzubauen, zu erproben und zu verändern. Spielerisch, radikal, mutig, sensibel, überlegt, besonnen oder wild. Immer im Maßstab 1:1 und im Berliner Stadtraum da, wo es wehtut, an Orten extremer Zuspitzung: Wohlfühlorte, unwirtlichste Orte, zentrale Plätze, urbane Peripherien. Sie werden zu unseren Handlungsorten für die Dauer des Seminars. Erst analysierend, dann verändernd. Einem längeren Vor-Ort-Aufenthalt, alleine, als Gruppe, folgen bauliche Eingriffe, Interventionen, Veränderungen, die die Eigenschaften des Ortes zuspitzen - in alle Richtungen.
In dem Seminar geht es neben einer Anwendungspraxis des Möglichkeitssinns auch um den Begriff des Zwischen (Passage, Durchgang, nicht mehr/noch nicht) und um bricolage, das rein zufällige ungeplante, improvisierte Basteln mit vorgefundenen Mitteln. Es geht um eine aktive, materiell-gestalterische Auseinandersetzung mit Stadtraum, bei der jedes Medium verwendet werden kann.
Literatur:
Claude Levi-Strauss: Das Wilde Denken, Frankfurt/M.,1968
Walter Grasskamp: Kunst und Stadt, Vorwort zu Skulptur Projekte Münster, 1997
Philipp Oswalt: Berlin_Stadt ohne Form. München, 2000
Lukas Feireiss: Going Public – Public Architecture, Urbanism and Interventions, Berlin 2012
Martin Kaltwasser, geboren 1965, studierte freie Kunst an der Akademie der bildenden Künste Nürnberg und Architektur an der TU Berlin. Er lebt in Berlin und arbeitet in den Bereichen Bildhauerei, Installation, Kunst und Intervention im öffentlichen Raum, Design, Performance, Fotografie, Architektur und Stadtforschung.
Seine weltweit gezeigten, zumeist kollaborativen Arbeiten im öffentlichen Raum sind ortsbezogen und verbinden Recherche mit zumeist prozessorientierten, räumlichen, objekthaften, architektonischen Umsetzungen. Viele seiner Projekte sind partizipatorisch und entstehen unter der Verwendung von Umsonst-Ressourcen aus dem städtischen Raum.
Engl.:
Practical seminar with Martin Kaltwasser, visual artist:
Shrinking City Berlin
The utopian practice of creating spaces of possibilities
Berlin is growing. Quantitatively: In population, traffic, buildings. At the same time, Berlin's former urban spatial qualities of diverse uses and modes of appropriation of public space, open spaces, undefined open areas, and pluralistic potentials of use for all are blatantly shrinking.
They give way to mono-functional consumer and commercial districts, streets and residential buildings, a dull urban master plan, following the dogma of a reactionary architecture language. Especially striking are Alexanderplatz, Berlin central station district and the environment of the Velodrom. Surreal places, dead spaces, urban places perceived as dangerous. Or do they perhaps define urbanity?
In this practical seminar we go into the city and work there: locally, outdoor, on site. We directly change urban spaces. We transform them spontaneously or planned and test various types of temporary built additions and interventions. This happens within a critical examination of spatial regimes and existing spatial uses, playful, radical, courageous, sensitive, thoughtful, prudent or wild.
We do this in the scale 1:1 and in urban places of extreme escalation: most cozy places, inhospitable places, central spots, urban peripheries. They become our places of action for the duration of the seminar. Analyzing first then changing. An extended on-site stay, done alone and as a group, is followed by architectural interventions and changes that accentuate the characteristics of the place.
In addition to an application practice of the sense of possibilities, the seminar also deals with the concept of the in-between (passage, no more/not yet) and bricolage, the purely random unplanned tinkering of things, using whatever materials. It is about an active, material-creative engagement with urban space, in which each medium can be used.
Literature:
Claude Levi-Strauss: The Savage Mind, Oxford, 1966
Walter Grasskamp: Art and City, Preface to Skulptur Projekte Münster, 1997
Philipp Oswalt: Berlin_city without a form. Munich, 2000
Lukas Feireiss: Going Public - Public Architecture, Urbanism and Interventions, Berlin 2012
MA Studiengang Raumstrategien
MA „Spatial Strategies“
Wintersemester 2018-19
Praxisseminar mit Martin Kaltwasser, Bildender Künstler
Lehrauftrag im Rahmen der Gastprofessur von Daniela Brahm und Elisa T. Bertuzzo
Shrinking City Berlin
Die praktizierte Utopie der Möglichkeitsräume
Berlin wächst. Quantitativ. An Einwohnerzahl, Verkehrsaufkommen, umbautem Raum. Dabei schrumpfen eklatant Berlins vormalige stadträumlichen Qualitäten vielfältigster Nutzungen und Aneignungsformen öffentlichen Raumes, Freiflächen, undefinierte offene Areale, pluralistische Nutzungspotentiale für alle. Sie weichen monofunktionalen Konsum-, Verkehrs-, Gewerbe- und Wohnräumen, einem stumpfen Masterplan, dem Dogma einer reaktionären baulichen Formensprache folgend. Hervorstechend dabei: Alexanderplatz, Berliner HBF-Viertel, das Umfeld des Velodroms. Surreale Orte, verrohte Räume, als gefährlich wahrgenommene urbane Plätze. Oder machen diese vielleicht gerade Urbanität aus?
Wir gehen hin und arbeiten dort vor Ort. Es geht in diesem Praxisseminar darum, innerhalb einer kritischen Auseinandersetzung mit Raumregimen und überkommenen Raumnutzungen direkt auf vorgefundene Außenräume einzuwirken, sie spontan oder geplant umzubauen, zu erproben und zu verändern. Spielerisch, radikal, mutig, sensibel, überlegt, besonnen oder wild. Immer im Maßstab 1:1 und im Berliner Stadtraum da, wo es wehtut, an Orten extremer Zuspitzung: Wohlfühlorte, unwirtlichste Orte, zentrale Plätze, urbane Peripherien. Sie werden zu unseren Handlungsorten für die Dauer des Seminars. Erst analysierend, dann verändernd. Einem längeren Vor-Ort-Aufenthalt, alleine, als Gruppe, folgen bauliche Eingriffe, Interventionen, Veränderungen, die die Eigenschaften des Ortes zuspitzen - in alle Richtungen.
In dem Seminar geht es neben einer Anwendungspraxis des Möglichkeitssinns auch um den Begriff des Zwischen (Passage, Durchgang, nicht mehr/noch nicht) und um bricolage, das rein zufällige ungeplante, improvisierte Basteln mit vorgefundenen Mitteln. Es geht um eine aktive, materiell-gestalterische Auseinandersetzung mit Stadtraum, bei der jedes Medium verwendet werden kann.
Literatur:
Claude Levi-Strauss: Das Wilde Denken, Frankfurt/M.,1968
Walter Grasskamp: Kunst und Stadt, Vorwort zu Skulptur Projekte Münster, 1997
Philipp Oswalt: Berlin_Stadt ohne Form. München, 2000
Lukas Feireiss: Going Public – Public Architecture, Urbanism and Interventions, Berlin 2012
Martin Kaltwasser, geboren 1965, studierte freie Kunst an der Akademie der bildenden Künste Nürnberg und Architektur an der TU Berlin. Er lebt in Berlin und arbeitet in den Bereichen Bildhauerei, Installation, Kunst und Intervention im öffentlichen Raum, Design, Performance, Fotografie, Architektur und Stadtforschung.
Seine weltweit gezeigten, zumeist kollaborativen Arbeiten im öffentlichen Raum sind ortsbezogen und verbinden Recherche mit zumeist prozessorientierten, räumlichen, objekthaften, architektonischen Umsetzungen. Viele seiner Projekte sind partizipatorisch und entstehen unter der Verwendung von Umsonst-Ressourcen aus dem städtischen Raum.
Engl.:
Practical seminar with Martin Kaltwasser, visual artist:
Shrinking City Berlin
The utopian practice of creating spaces of possibilities
Berlin is growing. Quantitatively: In population, traffic, buildings. At the same time, Berlin's former urban spatial qualities of diverse uses and modes of appropriation of public space, open spaces, undefined open areas, and pluralistic potentials of use for all are blatantly shrinking.
They give way to mono-functional consumer and commercial districts, streets and residential buildings, a dull urban master plan, following the dogma of a reactionary architecture language. Especially striking are Alexanderplatz, Berlin central station district and the environment of the Velodrom. Surreal places, dead spaces, urban places perceived as dangerous. Or do they perhaps define urbanity?
In this practical seminar we go into the city and work there: locally, outdoor, on site. We directly change urban spaces. We transform them spontaneously or planned and test various types of temporary built additions and interventions. This happens within a critical examination of spatial regimes and existing spatial uses, playful, radical, courageous, sensitive, thoughtful, prudent or wild.
We do this in the scale 1:1 and in urban places of extreme escalation: most cozy places, inhospitable places, central spots, urban peripheries. They become our places of action for the duration of the seminar. Analyzing first then changing. An extended on-site stay, done alone and as a group, is followed by architectural interventions and changes that accentuate the characteristics of the place.
In addition to an application practice of the sense of possibilities, the seminar also deals with the concept of the in-between (passage, no more/not yet) and bricolage, the purely random unplanned tinkering of things, using whatever materials. It is about an active, material-creative engagement with urban space, in which each medium can be used.
Literature:
Claude Levi-Strauss: The Savage Mind, Oxford, 1966
Walter Grasskamp: Art and City, Preface to Skulptur Projekte Münster, 1997
Philipp Oswalt: Berlin_city without a form. Munich, 2000
Lukas Feireiss: Going Public - Public Architecture, Urbanism and Interventions, Berlin 2012